Hinweis:
im Kalender ist für den Monat September der Eintrag zur Bundestagswahl, dieser gilt nun schon am 23. Februar.
[16.02.1955, Großbrand im Funkhaus Nalepastraße]
Der Heizungskontrolleur Franz Tilkowski war der Erste, der das Feuer bei der Klimaanlage II entdeckte. Ein aufmerksamer Mann, der Tilkowski, denn er zögerte keine Sekunde und schlug sofort Alarm.
Bald darauf heulte die Sirene des Löschzugs 26 der Berufsfeuerwehr durch die Straßen. Dieser war der erste vor Ort, aber natürlich nicht der letzte.
Bis Anfang der fünfziger Jahre sendete der Berliner Rundfunk noch aus dem Funkhaus an der Masurenallee, das im britischen Sektor lag. Doch der Umzug in den Ostteil der Stadt war längst beschlossene Sache. Im Sommer 1952 begann der Bau neuer Studios in der Nalepastraße, und drei Jahre später, im Februar 1955, brach in einem der Studios das verheerende Feuer aus. Sachschaden: 2,7 Millionen DDR-Mark. Der Brand verzögerte den Abschluss der Bauarbeiten um ein ganzes Jahr.
DPA meldete am 17.02.1955:
Ein Großbrand, der am Mittwochabend im Block B des >Staatlichen Rundfunkkomitees< in Berlin-Oberschöneweide entstanden war, konnte durch sieben Löschzüge der Ostberliner Feuerwehr erst in den Morgenstunden des Donnerstags eingedämmt werden. Der Sowjetzonenrundfunk teilte mit, daß neun Feuerwehrleute und zwei Arbeiter Rauchvergiftungen erlitten hatten. Die Rundfunksendungen seinen nicht gestört worden. Der betroffene Block B des Komplexes >Staatliches Rundfunkkomitee< ist ein modern eingerichtetes Gebäude mit zwei Sendesälen und Räumen für den technischen Hörspielstab. Der Bau sollte in den nächsten Tagen in Dienst gestellt werden. Wie ein Augenzeuge dem Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen mitteilte, ist Totalschaden wahrscheinlich. Volkspolizisten hätten den ganzen Bereich des Staatlichen Rundfunkkomitees abgesperrt.
Inmitten der Löscharbeiten und dem Chaos der Ermittlungen geriet der Bauingenieur Arno Bade ins Visier. Noch während die Trümmer rauchten, wurde Bade festgenommen. Die Medien präsentierten ihn prompt als „amerikanischen Agenten und Brandstifter“. Bei den anschließenden Untersuchungen wurde mit der DDR-typischen Härte durchgegriffen: Die Mitarbeiter des Geländes durften erst nach Mitternacht und gründlicher Leibesvisitation nach Hause.
ADN meldete am Abend des 17.02.:
Von dem Feuer wurde ein Neubau des Staatlichen Rundfunkkomitees erfaßt, der mit seinen technischen Einrichtungen von in- und ausländischen Fachleuten, darunter auch dem Leiter des Finnischen Rundfunks, als technisch einzigartig dastehend bezeichnet wurde. Der durch das Feuer entstandene Sachschaden beträgt ca. 2 Millionen DM. Die bisherigen Ermittlungen ergaben, daß es sich bei der Brandursache mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Brandlegung handelt, die den kurz vor seiner Inbetriebnahme stehenden Neubau mit seinen wertvollen Einrichtungen zerstören sollte.
Warum aber fand der angekündigte Schauprozess gegen Bade niemals statt? Stattdessen endete der Bauingenieur nach 18 Monaten Untersuchungshaft in einem Zuchthaus – verurteilt zu fünf Jahren. Wofür genau? Die Frage, ob es überhaupt einen anderen Täter gab, blieb unbeantwortet. Es schien vielmehr, als hätte man einen Sündenbock gebraucht, um die ideologischen Machtkämpfe und Sabotagetheorien der damaligen Zeit zu bedienen.
Vierzig Jahre später, 1995, kehrte Arno Bade mit dem Feature-Autor Jan Eik an den Ort des Geschehens zurück. Ein Besuch, der wohl auch ein Akt der Verarbeitung war. Eik hat den Fall in seinem Buch „Besondere Vorkommnisse. Politische Affären und Attentate in der DDR“ detailliert aufgearbeitet. Er zeigt eindrücklich, wie schnell ein Mensch in das Räderwerk der politischen Propaganda geraten konnte – besonders, wenn man wie Bade durch ein Gedicht oder eine Westzeitung zum Verdächtigen wurde.
Und dann, im Dezember 2012, brannte es wieder. Diesmal war es ein Tonstudio auf dem ehemaligen Rundfunkgelände. Technischer Defekt, hieß es, habe den Schwelbrand ausgelöst. Mitarbeiter bemerkten zunächst nur Rauch, der sich nicht genau lokalisieren ließ – bis die Flammen offensichtlich wurden.